Heilpädagogische Gemeinschaft

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Freizeit

Sonne, Strand und Intensivstation

Unsere alljährliche gruppenübergreifende Sommerferienfahrt ist unumstritten ein abenteuerliches Unterfangen! Das einzige was am Anfang der Planung immer feststeht ist, dass möglichst viele unserer Kinder mitfahren sollen, und dass es bei den meisten Kindern und Jugendlichen unterschiedliche Vorfreuden gibt: Das beginnt mit »vorne im Bus sitzen« und kann mit dem Summen eines bestimmten Liedes lange nach der Fahrt aufhören, das einen anderen Teilnehmer mit einbezieht oder einen Nicht-Dabei-Gewesenen ausgrenzt.

Unsere Planung im Vorfeld der Ferienfreizeit ist die sorgfältige Auswahl des Quartiers, die Klärung der ärztlichen Versorgung im Notfall und die Überlegung, in welcher Form unsere Wäscheberge abgebaut werden können. Gibt es dort genügend Raum für einen großen gemeinsamen Morgenkreis und unsere Rollstühle? Die räumliche Anordnung für Kinder, die in der Nacht von der Nachtwache überwacht werden müssen und denen, die einen Ansprechpartner brauchen und dem auch vorhandenen Ruhebedürfnis der Mitarbeiter, gilt es Rechnung zu tragen. Auf diese Weise haben wir gelernt, dass nicht alles was als »behindertengerecht« verkauft wird, für uns nützlich ist! Manchmal aber entwickelt ein Hausmeister oder Zivi konstruktive Bewältigungsstrategien in Form von ungewöhnlichen Umbauten, bevor wir anreisen. Wir, das sind ungefähr 40 bis 50 Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 20 Jahren, Mitarbeiter und Praktikanten der Heilpädagogischen Gemeinschaft Kirchhain.

Die Reise öffnet neuen Raum für Erfahrungen und Herausforderungen: Die Ferienfahrt bietet die Gelegenheit, dass wir uns alle außerhalb des gewohnten Tagesablaufes und der Betreuung im Rahmen von Arbeitszeiten kennen lernen und begegnen können. Unsere Kinder und Jugendlichen verlassen ihren gewohnten Lebensalltag und partizipieren nicht nur an der neuen Umgebung, sondern zunächst einmal durch den neu entstandenen Kontext innerhalb des Gewohnten, indem sie sich auf vertraute aber auch neue Bindungen einlassen lernen. Indem sie spüren, wie eine neue Struktur andere Orientierungsmerkmale hat, mit denen sich der Einzelne anfreunden muss. Vor allem aber auch ein Tagesablauf, der immer für Neues und Überraschendes gut ist, und daran lassen sich unbekannte Ressourcen entdecken. Auch im Urlaub ist es wichtig, sich auf den Tag einlassen zu können: Der Tagesablauf beginnt für schnelle Leute mit einer Laufgruppe, für die jüngeren Kinder mit einer Bewegungsgruppe im Freien und für die Kinder, die erst »mobilisiert« werden müssen mit Einreibungen. Nach einem gemütlichen Frühstück ist Morgenkreis: Jetzt verlassen alle die Rollstühle mit Singen, Musik, Rätseln und erfahren, was am eigenen Leib zu spüren ist. Inzwischen können sich auch die Unruhigsten auf ein zeitweilig stilles Wahrnehmen einlassen. Danach ist wichtig zu wissen, wie der Tag geht und ob es Probleme gibt.

Und dann … Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Aktivitäten und Schauspiel oder Tagesausflug. Nach der Mittagspause: Baden, wandern, besichtigen, Kanu fahren, spielen und vieles mehr. Am Abend: Geschichte, z.B. mit Herrn Brandenburg, unserem Hund, der alles ausgeschnüffelt hat - raten Sie mal, wo wir waren? Jeder darf mitbringen, was ihm begegnet ist. So entsteht eine große »Ferienerinnerungsschale«, und dann eine gute Nacht und hoffentlich lässt mich mein Nachbar schlafen oder aber wir machen gemeinsam Quatsch oder was man mit Zahnpasta so alles machen kann! Und die Mitarbeiter? Sie unterhalten sich noch wie der Tag war – eine Erlebnisfülle, nicht nur für die Kinder und Jugendlichen!  Die Tageserlebnisse und der nächste Tag, alles will angeschaut sein: Wie sind wir miteinander umgegangen? Was habe ich Neues an einem Kind oder Jugendlichen kennen gelernt? Wer kommt ans Ende seiner Kraft? Wie können Schwierigkeiten gelöst werden und wo kann unterstützt werden? Je intensiver der Austausch, umso gelassener der neue Tag.

Kinder und Mitarbeiter lernen sich auf diese Weise zwei Wochen lang kennen. Kein Tag ist wie der andere, nur der Rote Faden bleibt! Viele Erlebnisse zieren unsere Ferienfahrten, wir haben dabei Intensivstationen kennen gelernt, um Kinder gebangt, aber auch verstanden, dass wir in der Alltagssituation oft nur Details sehen, und dass es Vorteile hat, sich auch kontinuierlich und in wechselndem Kontext zu begegnen. Immer haben wir neue Menschen und Einschätzungen kennen gelernt und sind in vielen Herzen offen aufgenommen worden. Als Mitarbeiter haben wir unser Kräftepotential neu einschätzen gelernt und wissen jetzt, was es bedeutet, wenn ein jugendlicher Rollstuhlfahrer sechsmal täglich zwei Wochen lang aus dem Rollstuhl gehoben werden muss – seine Familie müsste aus Kraftriesen bestehen, um dies leisten zu können! Wir haben ein Repertoire an Liedern und Sprüchen erlernt, das tragfähig ist, um im Alltag weiter zu leben. Und wenn die Zeit vorbei ist, kommen wir nach Hause, wir werden empfangen und die Daheimgebliebenen nehmen Anteil an uns und wir an Ihnen. Die Kinder und Jugendlichen sind inzwischen schon routinierte Freizeitplaner und auch unter den Mitarbeitern soll es Ferienfreizeitfreaks geben und natürlich leisten diese bei skeptischen Kollegen Überzeugungsarbeit.


Ferienfreizeit 2015 (17.08. bis 31.08.2015 in Asel)

„Unterwegs zu neuen Horizonten…“

Sieben Busse unser Caddy, und wir in der Ferienfreizeit.

Am 17.08 sind dreißig Kinder und Jugendliche mit vielen Begleitern sieben Bussen und unserem Caddy für zwei Wochen in die JUBI Asel zur Ferienfreizeit gefahren. Natürlich musste unser Gepäck im Lastwagen transportiert werden.

Wir haben viel erlebt: z.B. das Aquarium in Wilhemshaven, Wangerooge und Spiekeroog, wir waren schwimmen, Watt wandern, Fisch essen und Deich wandern, haben Jever unsicher gemacht und  sind auf unserer Nachtwanderung seltsamen Wassergeistern begegnet. Es gab ein Fußballmatch aller weiblichen Mitfahrer gegen die männlichen. Wir waren glücklich in der Weite, im Wind, im Regen oder Sonne, haben viele Geschichten mit nach Hause gebracht und teilen uns mit unseren Eltern, und den daheimgebliebenen unsere Erlebnisse. Wir alle können singen „Sonne leuchte uns ins Herz hinein…..“

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